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Gründe, einen Blog zu betreiben, gibt es heutzutage viele. Ich habe das Glück, mit inspirierten Menschen zu arbeiten, Tagungen zur zeitgemäßen Bildung zu besuchen und diese Eindrücke in meinem Beruf an Lernende weitergeben zu dürfen. Kurze Gedanken hierzu möchte hier festhalten.

Der Webinar-Radar

Das Ausgangsproblem

Ich bilde mich grundsätzlich gern digital fort. Seit ich riesige Globinare, die Jürgen Wagner organisiert hatte, mit hunderten Teilnehmerinnen und Teilnehmern, erleben durfte, bin ich von diesem Format maximal infiziert und begeistert.

 

Ein Webinar bietet zahlreiche Vorteile und stellt eine wichtige Ergänzung zu Präsenzfortbildungen dar: Keine Anfahrtswege oder lästige Parkplatzsuche, einfache Erreichbarkeit über einen Link und eine zeitliche Begrenzung. Häufig treffe ich spannende Referenten und Autoren, die direkt auf meine Fragen reagieren. Zusätzlich kann ich, während ich meinen Feierabendsnack in legerer Kleidung genieße, schnell die Bescheinigung ausdrucken und mich manchmal auch auf die Zusendung von Prüfexemplaren freuen.

 

Wie es bei motivierten Lehrpersonen üblich ist, versuchte ich oft, Kolleginnen und Kollegen für diesen Fortbildungsbaustein zu begeistern. Ich leitete Links weiter, sprach direkt an. Aber irgendwie klappte es nicht recht, dass viele Leute einfach mitmachten. Verwundert waren die meisten, woher ich diese Informationen so schnell hatte. Das Format an sich klang für die meisten auch erstmal interessant. Aber im Chaos des Internets hatte keine einzige Lehrkraft verständlicherweise Freude daran, auf verschiedene Verlags-Homepages, amerikanische Plattformen, Newsletter oder sich sogar durch dieses nervige Twitter zu minutenlang nach einer kleinen Einzelveranstaltung zu durchzuwühlen. Die digitalen Impulse versprühten zwar Funken, bevor sie sich aber entzündeten, verglühten sie in der analogen Welt.

 

Der Lösungsansatz

Vor ca. anderthalb Jahren probierte ich mal eine Excel-Tabelle für mein Fach Geschichte aus. Für Excel wird ja jeder immer gelobt. Aber auch hier konnte keiner mit den gesammelten Informationen wirklich etwas anfangen. Auch ich war nicht in der Lage, auf übersichtliche Weise den Datenbestand aktuell zu halten. 

 

Während ich verschiedene Tools ausprobierte, suchte ich nach einer Tabellen-Ebene, die mir im Karteikasten-Prinzip verschiebbar wie ein Kalender die Daten übersichtlich organisierte. Im letzten Jahr forderte ein Schüler meiner damaligen 11. Klasse sehr energisch den Einsatz von Trello im Unterricht. Meine Schülerinnen und Schüler wissen, dass ich so etwas gerne im Unterricht teste. Hier fiel mir auf, dass ein Trello-Board nicht nur meine o.g. Wünsche erfüllte, sondern auch problemlos über einen Permalink teilbar ist. 

 

Nun hieß es: Prototypen was das Zeug hält. Aus einer Orgaliste, die ich zunächst nur für FachkollegInnen und mich erstellte, wuchs die Idee, mehr der vorhandenen Webinare aufzunehmen. Ich unterrichte als gelernter Gymnasiallehrer an einer Gesamtschule, da gehört flexibler Einsatz über den eigenen Fachrahmen hinaus zum Alltag dazu. Habe mehr schlecht als recht „Naturwissenschaft“ - eine merkwürdige Kombination aus Biologie, Chemie und Physik - unterrichtet. In Gesellschaftslehre wurden mir zusätzlich zu meiner ursprünglichen Geschichtsausbildung auch Erdkunde-Themen abverlangt. Für meine FörderschülerInnen ging es auf einmal auch um Schrifterwerb und mathematische Grundfertigkeiten. Webinare, merkte ich damals, lösen zwar nicht alle Probleme. Aber ein paar wenige gezielte Impulse schafften schon etwas mehr Selbstvertrauen in Handlungssituationen. Wer als Lehrkraft arbeitet, weiß, wie umständlich Präsenzfortbildungen im Schulalltag einzuplanen sind.

 

Warum sollte sich das Trello-Board lediglich auf wenige Fächer beschränken? Ich beschloss, alle Fächer aufzunehmen. Wenn ich schon die meisten Webinare kannte, warum sollte es nicht für alle zugreifbar sein. Ich probierte mehrmals mit sehr positiver Resonanz auf Twitter diese Idee zu teilen. Auf der Edunautika 2019 in Hamburg stellte ich diesen Baustein vor. Ich hatte den Eindruck, dass noch keiner auf diese kleine bescheidene Idee gekommen ist, eine übergreifende kalendarische Orientierung für diesen Wildwuchs an Webinaren anzubieten. 

 

Die Perspektive

Der Aufwand ist für mich persönlich zeitlich schon recht hoch. Wenn ich Serien streame, fülle ich  nebenbei den Datenbestand auf. Aber so stelle ich erstmal sicher, dass ohne Formatabweichungen die Eingaben systematisch erfolgen. Es geht auch nicht um Vollständigkeit, sondern um eine Erleichterung für alle. Wenn jemand sich über einen einzigen Klick orientieren kann, welche Sachen ihn interessieren, vereinfacht es den Zugang und erhöht die Bereitschaft sich auf dieses Format einzulassen. Wenn der digital zurückhaltende Berufsstand der Lehrkräfte, sich mit dieser Orientierungshilfe wenigstens alle zwei Monate darauf einlassen könnte, ein einziges interessantes Webinar zu besuchen, stärkt dies als ein Baustein das „Mindset“ enorm. Vielleicht entwicklen auch Fachgruppen eigene gezielte Ideen. Für ReferentInnen halte ich es für einen Gewinn, wenn sich Teilnehmergruppen vergrößern. Ich habe schon Webinare mit vier Leuten erlebt ;)

 

Abschließend:  Dieser Webinar-Radar soll lediglich einen Baustein darstellen, den ich in mein größeres Konzept (noch im Prozess) zur digitalen Entwicklung von Schulen einbetten möchte. Ich hoffe, es gelingt. (22.04.2020)


Greenscreen-Projekt: Weihnachten 2019

Green-Screen-Einstellung: Weihnachtsgrüße aus Russland
Green-Screen-Einstellung: Weihnachtsgrüße aus Russland

„Macht doch mal etwas mit Greenscreen zu Weihnachten,“ lautete die Anfrage für unsere diesjährige Weihnachtsfeier mit einer Bühne, einer großen Leinwand und der ganzen Schule alsPublikum.Irgendwiesollten unser Jahrgang mit möglichst vielen Schülerinnen und Schülern und irgendwie alle möglichen Länder in ein Tagesschau-Format mit vielen Szenen-Wechseln gepackt werden.Natürlich sollte das Ganze irgendwie an allen Klassenarbeiten, Schulausflügen und möglichen Krankheitstagen vorbei gemanagt werden. Mein Kollege und ich ahnten schon, worauf es hinaus lief. Und esgelang ;), wofür wir dankbar sind. Insgesamt haben wir ca. 20 Stunden Arbeit investiert.

Für alle Greenscreen-Projekte sind meiner Ansicht nach zunächst drei Dinge unentbehrlich: Geplanter Sprechtext, geplante Bewegung und Mut zum Risiko.
Je größer das Filmprojekt, desto ungewisser ist unter Zeitdruck der tatsächliche Ausgang. Wir haben einen Film von fast 6 Minuten kreiert. Auch wenn es sich Planungsperfektionisten wünschen (zu denenich mich ausdrücklich nicht zähle), solche Projekte sind mit vielen Akteuren selten eine Woche vor Abgabe besprechungsreif. Schülerinnen und Schüler können in wechselhafter Tagesform sein und Konflikte aus den Pausen in die Drehvorbereitung mitbringen. Auch fällt es nicht jedem leicht, vor einem zunächst „unsichtbaren“ Hintergrund zu performen. 



„Unsichtbarkeits-Effekt“ an der Greenscreen-Leinwand
„Unsichtbarkeits-Effekt“ an der Greenscreen-Leinwand

Folgende Arbeitsmittel haben wir in den folgenden drei Arbeitsphasen eingesetzt:

  1. Vorbereitung: Szenenplanung
    • Flipcharts, Eddings, Magnete, erste Requisiten, Handys/ digitale Endgeräte für inhaltliche Recherche

 

In dieser Phase geht es um die Teamentwicklung und Ideenfestigung. Eine Gruppendarstellung ist nur so gut, wie ihre Identifikation mit ihrem eigenen Konzept. Wir Lehrpersonen können, auch wenn wir manchmal mehr Kontrolle ausüben wollen, hier tatsächlich nur begleiten und einen Rahmen vorgeben. Für erfolgreiche Projekte müssen die Schülerinnen und Schüler selbst entwickeln. Es gibt immer Unterschiede zwischen den Gruppen. Der grundsätzliche Wille, etwas gut machen zu wollen (nach Platon im weitesten Sinne), führt auch bei Gruppen mit zunächst nachlässiger Planung und Performance fast immer zu auffälligen Verbesserungen in Folgeprojekten. Diese Freiheit für Fehler ermöglicht Wachstum in vielen Kompetenzbereichen.
2. Durchführung: Dreh der Szenen
 
  • Stativ, Greenscreen-Laken (vier Stück), Stativständer und Klammern zur Befestigung, ein iPad
 
Wir haben mit über 20 DarstellerInnen begonnen. Erster Schritt musste sein, alle nicht drehbeteiligten Personen aus dem Raum zu beordern. Gerade in der Sekundarstufe 1 fällt es SchülerInnen und Schülern schwer, kontrolliert zu lachen. Der Klassiker: Szene wird gedreht, ein Zuschauer von außen grinst und alle im Raum stimmen mit ein. Solche menschlich erfreulichen Situationen kosten leider sehr viel Zeit, die der Schultag häufig nicht hergibt. 
Während des Drehs ist bei Greenscreen-Einstellungen die Planung von Bewegungsschritten eins der wichtigsten Elemente. Als Herausforderung stellt sich gerade bei Anfängern dar, Drehbewegungen und Armwinkereien außerhalb des Screens zu reduzieren, damit Arme etc. nicht in der Aufnahme abgeschnitten werden.
Eine weitere Herausforderung stellt die Tonqualität dar. Je nach Raumsituation kann dies sehr umständlich werden. Viele Glasscheiben oder dünne Wände können die Aufnahmequalität nachteilig beeinflussen. Ich hatte in diesem Projekt leider mein Mikro nicht eingesetzt.
 
3. Videoschnitt
  • Greenscreen (DoInk), iMovie, Pixabay (Bild/ Videohintergründe), iPad, Geduld
 
Diese Phase empfinde ich als anstrengendste Phase des ganzen Filmerstellungs-Prozess. Vielen Beteiligten ist nicht klar, dass sich schnell und leise gesprochener Text nicht ohne weiteren Qualitätsverlust schneiden lässt. Auch fallen erst in dieser Phase Bewegungsungenauigkeiten und kleine Fehler auf. Nicht jede Szene lässt sich fünf mal drehen. In dieser Phase sind Kompromisse erforderlich. Auch wenn ich gerne diesmal mit „LumaFusion“ schneiden wollte, habe ich mich pragmatisch für iMovie entschieden. Komplex stellte sich heraus, zusätzlich neue einzelne Gegenstände (hier: eine Wandkarte) millimetergenau zu platzieren. Ich bin hier seit Jahren von der Anwenderfreundlichkeit der App „Greenscreen“ von DoInk begeistert. Insgesamt zeigt sich hier das Leitmotiv aus dem Design Thinking mit Projekten „lernend vorwärts zu gehen“ für alle am Projekt Beteiligten als tragfähig ( 25.12.2019)